Sie sind hier: Johann-Jotzo-Stiftung > Andere über uns
DeutschEnglishFrancais
12.12.2024 : 3:05

Ausführliche Meldung

In »Göttlicher Mission« auf Inline-Skatern

Auf dem Pilgerweg der Dankbarkeit

Von Harald Krille

Eigentlich sollte er mit 50 Jahren gelähmt im Rollstuhl sitzen. So jedenfalls die Prognose der Ärzte. Eigentlich hätte der als Kind aus seiner Heimat und von seinem Erbe Vertriebene, der sich als junger Mann bei der Keine Spur von Ruhestand: Johann Jotzo auf dem Weg nach Polen. Der Rucksack enthält Wanderschuhe und Ersatzteile, der Stab dient als zusätzliche Bremse und Halt.Arbeit für die russischen Besatzer in Mecklenburg die Wirbelsäule beschädigte und erneut flüchten musste, allen Grund zur Bitterkeit. Doch stattdessen hat er sich wenige Wochen vor seinem 70. Geburtstag mit Rollschuhen auf eine 1600 Kilometer lange Tour in seine alte Heimat Ostpreußen gemacht ? aus »Dankbarkeit gegen Gott«.

»Vorsicht auf Mitteldeutschlands Land- und Nebenstraßen: In diesen Tagen kommt ihnen ein älterer Herr auf Inline-Skatern entgegen. Fahren Sie vorsichtig und nutzen Sie jede sich bietende Gelegenheiten zu einem Gespräch.« So müsste eine fiktive Meldung des MDR-Verkehrsfunks über Johann Jotzo auf seiner »Pilgerreise der Dankbarkeit« in diesen Tagen lauten. Am 30. April startete der ehemalige Mitarbeiter des Rheinland-Pfälzischen Landwirtschaftsministeriums seine auf 40 Tagesetappen berechnete Tour von seiner Wahlheimat Mainz in das kleine polnische Dorf Gradzkie bei Gizycko, dem früheren Lötzen. In Erfurt hatte Jotzo am Dienstag dieser Woche bereits rund 20 Prozent seiner Wegstrecke hinter sich gebracht, einschließlich der Überquerung des Rennsteiges im Thüringer Wald. »Ich fühle mich frisch wie beim Start«, so sein Resümee der ersten fünf Tage.

Was treibt einen verheirateten alten Mann mit kaputter Wirbelsäule zu einer solchen Strapaze? »Ich habe in den 70 Jahren meines Lebens trotz aller Gefahren, Niederlagen und Schwierigkeiten so viel Segen Gottes, so viel Güte und Hilfe von Menschen erlebt, dass das alles nach öffentlichem Dank schreit. Das möchte ich mit meiner Pilgerreise ausdrücken, zu der das ?Jahr der Bibel? den letzten Anstoß gab«, meint Jotzo. »40 Tage für 70 Jahre« ist denn auch das Motto seiner Tour. Mit Tränen in den Augen berichtet er von dem »verlorenen Paradies« seiner Kindheit in Masuren. Und von einer Begegnung in den 80er-Jahren: Im Rahmen einer von ihm mit organisierten Hilfsaktion für Polen besucht er damals erstmals wieder sein Heimatdorf und trifft einen alten Schulfreund. Dessen unvergleichlich härteres Nachkriegsschicksal rühren ihn so, dass er sofortige Unterstützung zusagt. In diese wird bald die ganze Familie und später das ganze Dorf einbezogen. »Meinem Freund gegenüber habe ich unverdient das bessere Los gezogen. Also will ich ein wenig von dem Geschenkten zurückgeben«, so seine Überzeugung.

Zum Inline-Skaten kam Jotzo dabei erst vor wenigen Jahren aus therapeutischen Gründen. Da er sich nur mit einem seit Jahrzehnten täglich eisern durchgehaltenen Trainingsprogramm seine Beweglichkeit erhalten konnte, suchte er vor einigen Jahren eine die Beine entlastende Bewegungsform. Er hörte von dem neuen Sportgerät, kaufte es, absolvierte gleich noch einen Lehrgang und machte die Erfahrung, dass schon zehn Minuten ruhiges Fahren auf den Rollschuhen seine Rückenschmerzen lindern. Auf die Wanderschuhe im Rucksack steigt er während seiner Tour nur noch bei schlechten oder steilen Wegstrecken um.

Doch Johann Jotzo, der insgesamt fünf CVJM-Vereine gründete, in 20 anderen Vereinen aktives Mitglied ist, in zehn Vorständen und drei Vorsitzämtern Verantwortung trägt, wäre nicht Johann Jotzo, wenn diese Tour nur eine sportlich-touristische Seite hätte. Sie soll neben dem Dank vor allem der Öffentlichkeitsarbeit der von ihm schon vor Jahren gegründeten Johann-Jotzo-Stiftung dienen, die sich der Unterstützung der christlichen Jugendarbeit in Mainz verpflichtet weiß. Darüber hinaus möchte er Menschen Mut machen, sich durch Bewegung gesund zu halten: »Vor 30 Jahren lebte ich von Pillen, Spritzen, Fango-Packungen und Arztbesuchen. Heute habe ich das alles nicht mehr nötig und bin gesünder als zuvor«.

Am 8. Juni, so hofft Johann Jotzo, wird er mit seinen deutsch- und polnischstämmigen Freunden in Masuren seinen 70. Geburtstag und zugleich den Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde feiern können. »So Gott will«, fügt er jedoch sogleich hinzu.

05.05.2003 09:00 Alter: 22 Jahre